Zwei Jahre keine gesetzlichen Schritte zur Legitimation der Beschneidung und die Einberufung eines Runden Tisches – dies ist die Forderung der von Humanisten und Kinderschutzexperten getragenen Petition 26078, die nach langem Ringen seit heute beim Bundestag freigeschaltet ist. Ab sofort kann jeder Staatsbürger die Petition mitzeichnen. Insgesamt 50.000 Unterstützer müssen in den nächsten vier Wochen gefunden werden, um eine Anhörung im Petitionsausschuss des Bundestages zu erreichen.
Kategorie: Wissenschaft
„Mein Körper gehört mir!“ Kinderrechtskampagne gegen Zwangsbeschneidung gestartet
„Zwangsbeschneidung ist Unrecht – auch bei Jungen.“ Mit dieser entschiedenen Aussage ist heute, ein Tag vor der öffentlichen Sitzung des Deutschen Ethikrats (siehe dazu auch dies lesenswerte Interview mit Prof. Merkel, Mitglied des Ethikrats), die Kinderrechtskampagne der Giordano-Bruno-Stiftung gestartet. „Ziel der Kampagne ist es, die geplante Legalisierung medizinisch unnötiger Vorhautbeschneidungen zu verhindern“, erklärt Stiftungssprecher Michael Schmidt-Salomon. „Denn die Zwangsbeschneidung ist keine Bagatelle, wie so oft behauptet wird, sondern ein durch nichts zu rechtfertigender Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht und die körperliche Unversehrtheit des Kindes.“
Auf der heute freigeschalteten Website www.pro-kinderrechte.de führt der von der Stiftung ins Leben gerufene „Arbeitskreis Kinderrechte“, dem u.a. der Strafrechtler Holm Putzke angehört, zahlreiche medizinische, psychologische, politische und juristische Argumente auf, die diese Einschätzung belegen. Tragischerweise, so die Experten des „AK Kinderrechte“, sei das Wissen über die tatsächlichen Folgen der Vorhautbeschneidung, die sehr wohl mit „milderen“ Formen der weiblichen Genitalbeschneidung vergleichbar sei, in der Gesellschaft kaum vorhanden. So wüssten viele Eltern nicht, dass Säuglinge während der Beschneidung besonders schwere Schmerzen erleiden, weil das schmerzunterdrückende System erst Monate nach der Geburt funktionstüchtig sei. Fallen die Kinder aufgrund der ungefilterten Qualen in einen traumatischen Schockzustand, würden die Eltern die plötzliche Ruhe sogar als Zeichen für die vermeintliche Harmlosigkeit der Beschneidung fehlinterpretieren.
In der hier zum Ausdruck kommenden „fehlenden Aufklärung beziehungsweise gezielten Desinformation der Eltern“ liegt nach Ansicht des „AK Kinderrechte“ das „Hauptproblem der gegenwärtigen Debatte“: „Wüssten die Eltern über die dramatischen Konsequenzen der Zirkumzision Bescheid, müsste man über ein Beschneidungsverbot gar nicht mehr diskutieren, da die meisten Mütter und Väter von sich aus den Gedanken verwerfen würden, ihre Kinder beschneiden zu lassen.“
Um nun im Sinne der Kinderrechte Druck auf die deutsche Politik auszuüben, hat die Giordano-Bruno-Stiftung eine Plakatkampagne entworfen, bei der sie auf möglichst breite Unterstützung seitens der Bevölkerung hofft. Dazu heißt es auf der Website www.pro-kinderrechte.de: „Mit jedem Euro, den Sie der Aktion zur Verfügung stellen, können wir mehr Plakatflächen mieten und damit die Wahrnehmung unseres Anliegens in der Öffentlichkeit stärken. Denn nur durch einen vehementen Protest der Bevölkerung wird die angestrebte Legalisierung der Zirkumzision noch verhindert werden können. Machen wir den Verantwortlichen in Politik und Justiz unmissverständlich klar, dass Zwangsbeschneidung Unrecht ist – auch bei Jungen!“
Sehr zu empfehlen ist auch die FAQ der Kampagne, die mit Mythen, Irrtümern und falschen Behauptungen rund um die Beschneidung aufräumt.
Auf der Kampagnenseite finden sich auch weiterführende Informationen, vertiefende Texte und Links zu Fachartikeln, Studien und offiziellen Dokumenten wie z.B. der UN Kinderrechtskonvention oder dem Urteil des Landgerichts Köln.
Sowohl als Pirat als auch Gründungsmitglied der frisch gegründeten Arbeitsgemeinschaft Humanistischer Laizismus in der Piratenpartei Deutschland findet diese Kampagne meine volle Unterstützung.
Mir liegt es fern, gläubigen Menschen vor den Kopf zu stoßen, sie zu verletzen oder anzuklagen und ich bin mir sicher, dass auch Eltern, die ihre Jungen aus rituellen Gründen beschneiden lassen, diese sehr lieben und nur das Beste für sie möchten. Doch ich denke, wir alle, gläubig oder nicht, müssen unser Tun, insbesondere auch, wenn es uns zum Schutz Anbefohlene betrifft, wenn wir für Menschen entscheiden, die selbst (noch) nicht in der Lage dazu sind, immer wieder neu überdenken und hinterfragen.
Es war Jahrtausende üblich und wird in der Bibel gut geheißen, Kinder zu züchtigen – wohl gemerkt, nicht um sie zu quälen, sondern, so dachte man, zu ihrem Besten. Und doch tun wir es heute nicht mehr, eben weil wir es heute besser wissen. So wie wir heute auch keine Ehebrecherinnen mehr steinigen oder Homosexuelle töten, obwohl dies z.B. in der Bibel gefordert wird.
Wir haben uns verändert, die Menschheit hat sich verändert in diesen tausenden Jahren. Aufklärung, Menschenrechte und auch die UN-Kinderrechtskonvention zeugen davon.
Des Weiteren denke ich auch: Wer für sich selbst Religionsfreiheit einfordert, sollte sie auch seinen Kindern zugestehen, ihnen die Möglichkeit geben, wenn sie reif genug dafür sind, selbst zu entscheiden.
Der jüdische Arzt Gil Yaron hat es hier in der FAZ sehr schön gesagt:
Wenn meine Erziehung zum Judentum dazu führt, dass mein Sohn eines Tages als mündiger, überzeugter Jude von seinem Vater fordert, ihn endlich zu beschneiden, dann werde ich seinen Wunsch erfüllen, mit Liebe, Stolz und Schmerz. Aber nicht früher.
Ich wünsche mir sehr, er ist damit vielen ein Vorbild und wir finden gemeinsam einen Weg, der auf Verständnis und Einsicht gründet und möglichst ohne Zwang und Verbote auskommt. Denn Letzteres ist mir eigentlich zuwider.
Es wird der Tag kommen, wo man genauso fassungslos über die Beschneidung von Jungen den Kopf schüttelt, wie wir das heute über Sklavenhaltung oder Apartheid tun, über andere barbarische Bräuche, über Steinigungen von Ehebrecherinnen oder das Umbringen von Homosexuellen. Leider wird es wohl noch dauern.
Weltweite Bedeutung humanistischer Werte
Unter dem Titel „Freiheit, Toleranz oder Menschenwürde – Über die weltweite Bedeutung humanistischer Werte“ lief im Deutschlandfunk ein interessanter Beitrag, der schön aufzeigt, wo die Grenzen der Religionen liegen und warum humanistische Werte unerlässlich für ein weltweites friedliches Zusammenleben sind:
Vier Jahre erforschten Wissenschaftler wie ein „Humanismus im Zeitalter der Globalisierung“ aussehen könnte. Sie untersuchten, ob Werte universell und über Religionsgrenzen hinweg identisch seien. […]
Klar dürfte sein: der Humanismus geht ins Leere, wenn das, was unter „human“ zu verstehen ist, in das Belieben partikularer Kulturen gestellt wird. Doch gleichzeitig wird klar, dass die unterschiedlichen Sichtweisen auf den Menschen – und seine Rechte – tief, sehr tief, sitzen. Und auf der anderen Seite sind auch unsere „westlichen“ Vorstellungen von Menschenrechten – trotz der vermeintlichen Anerkennung kultureller Unterschiede – in der Praxis kaum verhandelbar. Für uns ist nicht verhandelbar, dass alle Menschen gleich sind. Dass Männer und Frauen gleiche Rechte haben. Dass Staat und Kirche voneinander getrennt sein müssen. Das sieht auch Jörn Rüsen so:
„Moderner Humanismus kann nur ein Humanismus in den Grundlagen einer säkularen Bürgergesellschaft sein. Das wird natürlich von Staaten, die sich islamisch verstehen, bestritten und entsprechend von den dort maßgeblichen Intellektuellen. Nur, es gibt ja Argumente, die ich mit islamischen Theologen diskutiert habe. Ich sag, wie wollen wir verhindern, dass Menschen im Namen Gottes unmenschlich behandelt werden? Dazu brauchen wir eine säkulare Vorstellung, auf die wir uns berufen können, um die Unmenschlichkeit religiös motivierten Verhaltens kritisieren zu können. Darauf hat der nur gesagt, Sie haben Recht. Und ich hab gesagt, dann können wir miteinander ins Geschäft kommen.“
„Es gibt ja Argumente“, wie Jörn Rüsen gerade sagte. Man kann ja diskutieren über einen zukünftigen globalen Humanismus. Erreicht ist er jedenfalls noch lange nicht. Vielleicht sogar weiter entfernt, als man es zum Beispiel nach dem Ende des Kalten Krieges angenommen hatte. Das „Humanismus-Projekt“ war der Versuch, dem drohenden Kampf der Kulturen durch Dialog zu begegnen. Ob man sich dabei wirklich näher gekommen ist – das sieht auch Jörn Rüsen skeptisch – vorerst zumindest.
„Spontan lautet meine Antwort, nein, wir sind einander nicht näher gerückt. Wir haben einander schärfer wahrgenommen in unseren Unterschieden und ich sehe Chancen dass in der Schärfe der Wahrnehmung von ethnozentrischen Tendenzen und auch der verbundene Kritik daran auch eine Chance besteht, das zu überwinden.“
Quelle und mehr dazu: Deutschlandfunk
Sie irren, Herr Hahne!
Oder erzählen Sie so etwas wider besseres Wissen? Weil Sie denken, dass dies die Leser der BildBlöd-Zeitung doch sowieso nicht merken?
Schließlich hat der durch ein ADS-Nervenleiden gelähmte Professor […]
Die Erkrankung heißt Amyotrophe Lateralsklerose – abgekürzt ALS.
Es sollte dem großen Denker Hawking zu denken geben, dass sein großes Idol, der Geistesgigant Albert Einstein, der Begründer der Relativitätstheorie, ein an Gott glaubender Jude war.
Nein, das sollte ihm nicht zu denken geben, aber Ihnen, Herr Hahne, sollte Folgendes zu denken geben, das der Herr Einstein sagte:
“Das Wort Gottes ist für mich nicht mehr, als der Ausdruck und das Produkt menschlicher Schwächen. Die Bibel ist eine Sammlung ehrbarer, aber dennoch primitiver Legenden, welche doch ganz schön kindisch sind. Keine Interpretation, wie feinsinnig sie auch sein mag, kann das (für mich) ändern.
Für mich ist die jüdische Religion wie jede andere der Inbegriff des kindischsten Aberglaubens.”
Und dieses, mit dem er solchen Blödsinn, den Sie da, Herr Hahne, verzapfen, richtig stellt:
“Es war natürlich eine Lüge, was Sie über meine religiösen Überzeugungen gelesen haben, eine Lüge, die systematisch wiederholt wird. Ich glaube nicht an einen persönlichen Gott und ich habe dies niemals geleugnet, sondern habe es deutlich ausgesprochen. Falls es in mir etwas gibt, das man religiös nennen könnte, so ist es eine unbegrenzte Bewunderung der Struktur der Welt, so weit sie unsere Wissenschaft enthüllen kann.”
(Quellen der Zitate und mehr in meinem Beitrag: Einstein und die Religion)
Um so mehr wir die Welt verstehen, um so weniger brauchen wir einen Gott, um sie zu erklären. Das haben tausende Jahre Wissenschaft bisher gezeigt. Dazu hat sowohl Herr Einstein seinen Beitrag geleistet, ebenso wie viele, viele andere Wissenschaftler, ebenso wie auch Herr Hawking.
Wenn der Astrophysiker Hawking nun behauptet, das Universum sei durch die Existenz von Schwerkraft zwangsläufig entstanden, so stelle sich zumindest die Frage, wie denn die Schwerkraft entstanden sei.
Ja, diese Frage stellt sich. Nehmen wir mal an, es gäbe keine andere Antwort auf diese Frage, als dass ein Gott (gar auch noch Ihrer unter den vielen Tausenden, die es da geben soll) der Erschaffer der Schwerkraft sei.
Im Lichte des Wissenschaftsprozesses hat das Christentum (wie auch die anderen Religionen) weite Bastionen der Weltdeutung räumen müssen, sei es durch die Physik, sei es durch die Evolutionsforschung usw. usf. Die bisherigen Ergebnisse der fortschreitenden Hirnforschung zeigen, dass das Christentum (und all die anderen) auch in puncto Mensch und Seele immer mehr Bastionen räumen muss.
Was bleibt also? Ein Gott, der die Schwerkraft erschaffen hat und dann den Dingen seinen Lauf ließ? Weil wir ja gezeigt haben, für andere Erklärungen brauchen wir ihn nicht. Da hat ihn des guten Occams Rasiermesser ratzfatz weg rasiert.
Wovon lebt Ihre Religion, Herr Hahne? Doch wohl vor allem auch von dem Versuch, Ihren Gott zu beeinflussen. Ihn mittels dessen, von dem Sie annehmen, er hielte es für Wohlverhalten, gnädig zu stimmen, ihn mit Gebeten zu bitten, d.h. im Falle Ihres reinen Schwerkraft-Gottes, er möge in das, was er da mit Erschaffung der Schwerkraft in Gang gesetzt hat, eingreifen, seine eigenen Gesetze brechen…
Da können Sie dann statt Ihres Schwerkraft-Gottes genau so gut auch den Mond oder die Sonne oder irgendeinen anderen Stern oder ein Neutron oder Higgs-Boson (dessen Existenz immer noch zig Mal wahrscheinlicher als die eines Gottes ist) oder … anbeten. Die werden genau so viel Anteil an Ihren Wünschen nehmen …
Was bleibt also von Ihrem Christentum, Herr Hahne, wenn für Ihren Gott nur noch die Erschaffung der Schwerkraft bleibt?
Foldit: Puzzlen für die Wissenschaft
Gerade erst entdeckt und schon süchtig 😉
Foldit is a revolutionary new computer game enabling you to contribute to important scientific research. This page describes the science behind Foldit and how your playing can help.
Weiter lesen: http://fold.it/portal/info/science
Bildquelle: fold.it
Homepage: http://fold.it/portal
Mehr dazu auch in diesem Video:
Have fun! 🙂
(via @presseschauer – thx!)