Ein rabenschwarzer Tag für die Bürgerrechte (Update)

todestag2007

Mit 366 zu 156 Stimmen bei 2 Enthaltungen stimmte heute der Deutsche Bundestag für die Vorratsdatenspeicherung.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung verurteilt die heutige Entscheidung der Bundestagsmehrheit, eine verdachtslose Vorratsprotokollierung des Telekommunikationsverhaltens in Deutschland einzuführen. SPD, CDU und CSU hätten das Vorhaben gegen alle Warnungen und Widerstände durchgepeitscht und nicht einmal die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgewartet, die in wenigen Monaten ansteht. […]

Zwar orientiere sich das Gesetz an der in der EG-Richtlinie vorgegebenen Mindestspeicherungsfrist, in verschiedener Hinsicht gehe das Gesetz allerdings über die Vorgaben der Richtlinie hinaus. „Insbesondere hinsichtlich der Verwendung der Daten für weniger schwere Straftaten und ihre Übermittlung an die Nachrichtendienste und Ordnungsbehörden. Damit wird den Ordnungsbehörden und den Nachrichtendiensten ohne richterliche Prüfung ein Zugriff auf die Verkehrsdaten gestattet. Nicht zuletzt wird die Möglichkeit zur anonymen und unbeobachteten Internetnutzung künftig nicht mehr gewährleistet“, mahnt Schaar.

(Quelle)

Wenn das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist, wird nun die mit rund 7000 TeilnehmerInnen größte Verfassungsbeschwerde, die dem Bundesverfassungsgericht jemals vorgelegt wurde, eingereicht. Dazu meint der Jurist Patrick Breyer:

„Das Fernmeldegeheimnis wird von den Gerichten wieder hergestellt werden. Dagegen ist die Wählbarkeit von SPD, CDU und CSU für die Generation Internet endgültig verloren gegangen.“

Vor das Bundesverfassungsgericht wollen auch PoliterkerInnen der Linkspartei sowie der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch, der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ziehen.

Bundesinnenminister Schäuble verhöhnte all diese Menschen am Mittwochabend vor Journalisten und Richtern in Karlsruhe mit einem Hitler-Vergleich:

„Wir hatten den ‚größten Feldherrn aller Zeiten‘, den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten“

Ein Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts für Strafrecht über die staatliche Nutzung von Verbindungsdaten besagt laut heise online:

Aus der bislang allein vorliegenden Zusammenfassung der Studie gehe hervor, dass die verdachtsunabhängige Aufzeichnung der Nutzerspuren im Wesentlichen überflüssig sei. Darin ist nachzulesen, dass gemäß der Aktenanalyse unter den heutigen rechtlichen Bedingungen nur etwa zwei Prozent der Abfragen wegen bislang gesetzlich vorgeschriebener Löschungen von Verbindungsdaten „ins Leere gehen“.

Wie geht es nun weiter?

Ricardo Cristof Remmert-Fontes:

„Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wird weiter die Frage stellen, in welcher Gesellschaft wir in Zukunft leben wollen und daran arbeiten, das Bewusstsein für die Grundwerte unserer freien Gesellschaft zu fördern. Wir sind erst am Anfang unserer gemeinsamen Arbeit.“

Neben der Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung wird der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf das Angebot technischer Instrumente und Dienste setzen, die eine weiterhin freie und unbefangene Telekommunikation in Deutschland ermöglichen sollen, und seine Aufklärungsarbeit fortsetzen. Ein bundesweites Filmfestival der Aktion Mensch wird mit Informations- und Diskussionsveranstaltungen begleitet und das Netzwerk „Freiheitsredner“ bietet ehrenamtliche Vorträge zum Thema Privatsphäre an. Ebenso ist natürlich auch die Veranstaltung weiterer Demonstrationen und die Fortsetzung der lokalen Aktivitäten in den inzwischen über 50 Ortsgruppen des Arbeitskreises geplant.

Update: Das hatte ich gestern noch vergessen zu erwähnen: Bundesregierung will deutsche Kommunikationsprofile an 52 ausländische Staaten weiter geben

Hier noch ein sehr guter, sehr informativer Artikel. Und hier die Liste, welcher Abgeordnete wie abgestimmt hat.