… in einem Schulgesetz?!? Nicht etwa als Überbleibsel vergangener Jahrhunderte, nein, im letzten Jahr als Abschnitt 2 dem §2 des NRW-Schulgesetz durch die CDU-Regierung hinzugefügt.
(2) Ehrfurcht vor Gott, Achtung vor der Würde des Menschen und Bereitschaft zum sozialen Handeln zu wecken, ist vornehmstes Ziel der Erziehung. Die Jugend soll erzogen werden im Geist der Menschlichkeit, der Demokratie und der Freiheit, zur Duldsamkeit und zur Achtung vor der Überzeugung des anderen, zur Verantwortung für Tiere und die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, in Liebe zu Volk und Heimat, zur Völkergemeinschaft und zur Friedensgesinnung.
(Quellen: Regierungsentwurf für ein Zweites Gesetz zur Änderung des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen und Schulgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG))
Also ist bei der Erziehung zur „Achtung vor der Überzeugung des anderen“ z.B. die Überzeugung des Atheisten ausgeschlossen? Mal von den anderen Widersprüchen abgesehen…
Wie war das noch mit dem Grundgesetz?
Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.
Ja nee, is klar … und was kommt da jetzt als nächstes rein? Kreationismus? Intelligent Design?
//Nachtrag:
Da ich einige Mails zum Thema bekam, darunter auch eine sehr empörte (um es mal wohlwollend auszudrücken, beleidigende wäre leider treffender) möchte ich hier noch mal etwas klar stellen.
Bis auf die ersten drei Worte (und diesem pathetischen „in Liebe zu Volk und Heimat“) ist obiger neu hinzugefügter Absatz des Schulgesetzes ok. Diese ersten drei Worte gehören da jedoch nicht hin. Warum? Weil wir ein säkularer Staat sind, weil es hier – zumindest offiziell – Trennung von Staat und Kirche gibt, weil der Staat weltanschauliche Neutralität zu wahren hat. Und genau diese verletzt er mit diesen drei Worten. Weltanschauliche Neutralität, Aufklärung usw. sind für mich grundlegende, wichtige Werte, für die so mancher sein Leben ließ, Werte, die erst ein friedliches Zusammenleben unterschiedlicher Weltanschauungen ermöglichen und die es zu verteidigen gilt.
Es geht mir mitnichten um Dinge wie Atheismus vs Religion, gar Unterdrückung von Religion etc. Es geht mir einfach um weltanschauliche Neutralität. Von mir aus darf gern jeder seine Religion / Weltanschauung öffentlich bekennen, leben etc., sofern er dabei das GG und die Menschenrechte achtet.
Die Schule jedoch ebenso wie der Staat haben weltanschaulich neutral zu sein.
Ehrfurcht vor Gott als Erziehungsziel darf gern im Curriculum des Religionsunterricht stehen, in einem staatlichen Schulgesetz hat es jedoch nichts zu suchen.
Überhaupt, was soll das sein, Ehrfurcht vor Gott?? Und wie bitte soll die Vermittlung aussehen? So wie hier … ? Und was machen z.B. atheistische Lehrer? Werden sie dann demnächst gekündigt, weil sie ja wohl kaum Ehrfurcht vor Gott vermitteln können und wollen? Noch klingt das unvorstellbar … aber wer weiß? Was ist mit der inzwischen deutlichen Mehrheit, die nicht mehr gläubig ist, mit Menschen, die nicht möchten, dass ihre Kinder in Furcht vor irgendwas, auch keinem Gott, leben?
„Ehrfurcht vor Gott“ als „vornehmstes Ziel der Erziehung“ ist ein unzulässiger Eingriff in die weltanschauliche Freiheit, die dieser Staat laut Grundgesetz zu bieten hat. Wenn ich meine Kinder auf eine staatliche, nicht religiöse Schule schicke, möchte ich nicht, dass sie dort zu Ehrfurcht vor Gott erzogen werden. Ebenso wenig wie, wenn jemand seine Kinder auf eine katholische Schule schickt, er wohl kaum möchte, dass sie dort zu Atheisten oder gar Evangelikalen 😉 erzogen werden.
Ich bin im Übrigen auch dafür, dass ein Fach wie Ethik Pflichtfach an allen Schulen ist. Des Weiteren darf man auch gern außerhalb des Religionsunterrichts die unterschiedlichen Religionen und Weltanschauungen vorstellen, besprechen, Vertreter dieser dazu einladen etc.
Vornehmstes Ziel von Erziehung darf nicht Beeinflussung und Indoktrination sein, sondern muss die Befähigung sein, anhand umfangreicher Information selbst frei entscheiden und Glauben von Wissen unterscheiden zu können. Wenn man sich dann für einen Glauben / Religion etc. entscheidet, ist das ok. Ebenso wie sich dagegen zu entscheiden. Eine einseitige Erziehung zur Ehrfurcht vor Gott untergräbt diese Chance und Freiheit aber.
Sicher ist mir klar, dass das nur ein „blödes“ Schulgesetz ist, dessen Auswirkung, was dieses eine spezielle Erziehungsziel angeht, ungefähr der des berühmten Sack Reis in China nahe kommt. 😉 Ich frage mich allerdings nach der Intention, so etwas in ein Schulgesetz zu schreiben. Und was mir da so an möglichen Antworten einfällt, geht eher nicht in Richtung Freiheit und Toleranz … und hinterlässt eher doch ein recht ungutes Gefühl … auch so etwas in der Art, dass da eine Religion bzw. Vertreter ihrer Institutionen, die schon lange zusehen müssen, wie ihnen die Felle davon schwimmen, öhm, Gläubigen abhanden kommen 😉 , mal testet, wie man da wieder einen Fuß in die Tür bekommt. 😉
P.S. Ich bin völlig baff, welch … hm … engagierte Christen 😉 mein kleines Blog tief aus der Provinz des Netzes lesen 😉 Oder googelt ihr täglich nach so bösen ungläubigen Statements? 😀